Fallout 76
Review

Fallout 76

Pubisher: Bethesda Games • Developer: Bethesda Games • Release: 12.06.2024
* Das Spiel wurde uns für das Review vom Publisher zur Verfügung gestellt
Als Fan der Fallout-Reihe war meine Erwartungshaltung an Fallout 76 klar: Ich wollte zurück in die postapokalyptische Welt, die ich aus Fallout 3 und New Vegas kannte, diesmal inspiriert durch die TV-Serie. Der Ruf des Spiels war jedoch alles andere als positiv - Bugs, leere Welten und eine fragwürdige MMO-Umsetzung machten die Runde. Doch nach einigen Stunden im Appalachia-Wasteland stellte ich überrascht fest: Trotz holprigem Start hat das Spiel seinen Charme und liefert ein einzigartiges Fallout-Erlebnis, das man so nirgendwo anders bekommt. Und mit Freunden spielt es sich zudem noch etwas besser als alleine.

Zwischen Nostalgie und Nuka-Cola

Der Start ist seltsam. Vault 76 ist leer, keine Experimente, keine tragische Geschichte - einfach: „Hier, nimm ein paar Vorräte, vergiss dein C.A.M.P nicht und ab in die Welt." Doch kaum öffnet sich die Tür, rollt der Nostalgieball los. Appalachia begrüßt mich mit grünem Wald statt atomarem Aschemeer - ein bisschen unpassend 25 Jahre nach dem Atomschlag, aber hey, vielleicht war der Fallout hier einfach höflicher.

Kämpfe? Unerwartet gut! Statt träge MMO-Rotation erwartet mich echtes Fallout-Feeling. Waffen klatschen, Laser verdampfen Gegner, und VATS funktioniert tatsächlich. Es ist, als hätte jemand Borderlands in einen Fallout-Anzug gesteckt - und ich meine das als Kompliment.

Die Missionen sind ein wilder Mix. Manche Aufgaben sind klassische MMO-Langeweile („Koch Suppe", „Sammle Stahl"), andere wiederum erzählen spannende Mini-Dramen. Vor allem die Wastelanders-Storyline zeigt, was Bethesda eigentlich kann: schräge Charaktere, moralische Dilemmata und jede Menge Retro-Charm. Expeditions und die neuen Atlantic-City-Missionen bringen Abwechslung - zumindest, wenn man Mitspieler findet. Matchmaking? Fehlanzeige. Manchmal fühlt sich das eher nach „Singleplayer mit Fremden" an.

Das CAMP-System ist ebenfalls ein Highlight: Spieler können ihre Basis individuell gestalten, verteidigen und als Handelsposten nutzen. Die Interaktion mit anderen Spielern ist selten, aber wenn sie passiert, erzeugt sie unterhaltsame Situationen - vom spontanen Überfall auf dein CAMP bis zu kuriosen Handelsgeschäften. Insgesamt fühlt sich Fallout 76 mehr nach einem Singleplayer-Spiel mit Multiplayer-Optionen an, fast wie ein postapokalyptisches Borderlands.

Caps, Camps und kosmetische Katastrophen

Die Ökonomie in Fallout 76 ist... nun ja, sagen wir „rustikal". Caps sind die Hauptwährung und lassen sich durch Plündern, Quests oder Handel verdienen. Besonders Supermutanten spucken Caps aus wie Spielautomaten. Händler allerdings haben Tageslimits - pro Händlergruppe darfst du nur Waren im Wert von 200 Caps verkaufen. Insgesamt also rund 1400 Caps am Tag. Das klingt nach Designentscheidung aus dem Jahr 2077: verstrahlt und ineffizient.

Dann wäre da noch der Atom-Shop, Bethesdas Mikrotransaktionsparadies. Hier bekommst du Outfits, Emotes und Skins - und das zu Preisen, die an Abzocke grenzen. Ein virtuelles Kleid für zehn Dollar? Für denselben Preis bekomme ich im echten Leben eins mit Versand. Immerhin bleibt alles kosmetisch, kein Pay-to-Win. Aber wer Individualität sucht, wird enttäuscht: Vier Power-Armor-Skins - das war's. Alle Spieler im X01-Anzug sehen aus wie Klone in einer Retro-Rüstungsparty.

Handel zwischen Spielern? Ein Krampf. Kein Auktionshaus, keine dedizierten Händler. Meist läuft's auf „Ich schmeiß das Item hin, du hebst es auf" hinaus - das Fallout-Äquivalent zu eBay Kleinanzeigen mit radioaktiver Strahlung.

Mehr Bugs als Mutanten

Fallout 76 läuft auf sogenannten „Shards", also Mini-Welten mit maximal 24 Spielern. Klingt nach gemütlicher Apokalypse - wäre da nicht das technische Chaos. Serververbindungen brechen regelmäßig ab, Ladezeiten ziehen sich wie Kaugummi, und manchmal dauert der Einstieg ins Spiel länger als ein Fallout-Intro-Monolog.

Exploits und Glitches gehören zum Alltag: Item-Duplizierung, unendliches Gewicht, Powerleveling - alles vorhanden. Bethesda? Reagiert meist mit der Geschwindigkeit einer Brahmin-Kuh auf Valium. Auch die Benutzeroberfläche ist ein Relikt aus Fallout 4: funktional, aber für Multiplayer völlig unbrauchbar. Freunde sind schwer zuzuordnen, Level fehlen, Notizen gibt's keine.

Trotz allem: Die Grafik ist hübscher, als viele behaupten. Auf Ultra-Einstellungen glänzt Appalachia in Licht und Nebel, Explosionen sind spektakulär, und die Atomraketen - einfach atemberaubend. Leider ohne FoV-Slider, mit Blur-Zwang und technischen Macken bei Mehrmonitor-Setups. Bethesda eben.

Immerhin überzeugt der Soundtrack: melancholisch, passend und stimmungsvoll. Wenn du in der Morgendämmerung an einem verfallenen Bahnhof stehst und „Take Me Home, Country Roads" leise im Hintergrund läuft, vergisst du fast die Bugs. Fast.

Ödland ohne Worte

Multiplayer klingt auf dem Papier super - in der Praxis ist's eine Kommunikationshölle. Kein Textchat, kein vernünftiges Voice-System, und kein „Push to Talk". Entweder du bist stumm oder du überträgst alles, inklusive deines knurrenden Magens. Bethesda dachte wohl, Emotes reichen als Sprache der Zukunft. Tun sie nicht.

Trotzdem: Die Community ist überraschend freundlich. Viele Veteranen legen Ausrüstung vor Vault 76 ab, damit Neulinge leichter starten. Es gibt keine Gilden, keine Fraktionen, keine Spielerorganisationen - was schade ist, denn das Potenzial wäre da. Besonders Teamplay lohnt sich, da Gruppen durch Perk-Karten doppelt belohnt werden, während Solospieler benachteiligt sind. Ein klassisches Beispiel für „gut gemeint, schlecht umgesetzt".

Grind, Glanz und die Scorchbeast Queen

Im Endgame geht's ums Grinden - legendäre Gegner, Nuke-Zonen und die ikonische Scorchbeast Queen, ein Bosskampf, der wirklich Spaß macht. Sie regeneriert sich, ruft Adds herbei und erfordert Vorbereitung, Teamkoordination und Pacifist Mode, um Verbündete nicht versehentlich zu rösten. Loot ist RNG pur: Mal gibt's Ultracite-Rüstungspläne, mal Müll.

Wer genug vom Kämpfen hat, kann Blueprints farmen, Ressourcen sammeln oder an seinem CAMP feilen. Herausforderungen bringen Atom-Punkte, und wer Lust auf Abwechslung hat, kann einfach einen neuen Charakter mit komplett anderem Spielstil starten. Trotz Limitierungen bietet das Endgame Potenzial - wenn Bethesda die Inhalte weiter ausbaut und mehr kooperative Instanzen einführt, könnte Fallout 76 endlich zu dem Spiel werden, das es von Anfang an hätte sein sollen.

Meinungen zu Fallout 76

Marcel meint:
Fallout 76 wirkt wie ein Spiel, das gleichzeitig faszinierend und frustrierend ist. Man spürt, dass darunter eine Menge Potenzial schlummert - ein großes Open-World-Setting, einzigartige Spielerfahrungen, ein gewaltiges Ödland voller Geschichten, Entdeckungen und Möglichkeiten. Durch die Appalachia zu laufen, Bunker und Ruinen zu entdecken, Gegnerlager zu räumen und Geheimnisse aufzudecken - das lebt von den Momenten, die man teilen kann. Große Gegner wie legendäre Mobs wirken im Duo viel epischer. Man plant Builds, teilt Rollen, ergänzt sich - das bringt taktischen Spaß. Fallout 76 mausert sich langsam zu dem Spiel, was es anfangs hätte sein müssen! Zu sehen, dass das Team dahinter weiterhin so viel Energie und Herzblut in dieses Projekt steckt, zeigt mir als Spieler auch dass Fallout 76 auf dem Weg ist zu einem guten RPG-Tipp zu werden, sofern man mit Freunden in die nuklear verwüstete Welt einsteigen will. Wir haben nicht alle Elemente des Spiels gesehen, aber es macht nach wie vor so viel Spaß, wie der Tritt vor die Bunkertür von Vault 76.
Jasmin meint:
Fallout 76 bietet eine riesige Open World, die zum Erkunden einlädt. Überall gibt es neue Orte zu entdecken - sowohl an der Oberfläche als auch tief in versteckten Ruinen. Viele dieser Orte enthalten kleine Rätsel oder Geheimnisse, die mit etwas Glück zu seltenen Gegenständen führen. Besonders positiv finde ich das reibungslos funktionierende Multiplayer-System. Gemeinsam mit Freunden macht das Abenteuer deutlich mehr Spaß, und man kann zusammen die Welt von Appalachia erleben. Auch das Thema Individualisierung kommt nicht zu kurz: Über den Shop kann man sein Aussehen oder seine Basis verschönern. Dabei muss man nicht zwingend echtes Geld ausgeben, denn durch tägliche und wöchentliche Quests lässt sich spielintern die benötigte Währung verdienen - was ich persönlich richtig cool finde. Zudem lässt sich die eigene Basis mithilfe zahlreicher Baupläne stetig erweitern und verbessern. Abgerundet wird das Spielerlebnis durch ständig aktive Events. Andere Spieler laden einen dabei häufig automatisch ein, sodass man unkompliziert teilnehmen kann. So sammelt man nicht nur wertvolle Erfahrungspunkte, sondern muss auch nicht immer alleine losziehen.

Fallout 1st - Was ist das?

Fallout 1st ist eine Premium-Mitgliedschaft für Fallout 76, die zusätzliche Features bietet, die das Spielerlebnis erweitern sollen.

Vorteile von Fallout 1st

Hier die wichtigsten Pluspunkte, die man mit dem Abo erhält:

  • Private Welten / Private Server: Mit Fallout 1st kannst du eine Welt erstellen, die nur du und bis zu sieben Freunde betreten können.
  • Scrapbox: Unbegrenzter Lagerplatz speziell für Crafting-Komponenten. Sehr nützlich, wenn man viele Materialien sammelt und nicht ständig das normale CAMP-Inventar vollstopfen will.
  • Survival-Zelt: Ein platzierbarer Schnellreisepunkt mit Schlafsack, Kiste (Stash), Kochstation und mehr.
  • Atoms: Monatlich bekommst du 1.650 Atome, die du im Atomic Shop ausgeben kannst.
  • Icons & Emotes: Exklusive Spieler-Icons und Emotes, nur für Mitglieder von Fallout 1st.

Kosten von Fallout 1st

Die Preise variieren je nach Plattform:

  • Monatsabo: 14,99 € pro Monat
  • Jahresabo: 119,99 € pro Jahr

Lohnt sich Fallout 1st?

Ja - aber nur unter bestimmten Bedingungen:

  • Wenn du häufig mit Freunden spielst und eure eigene private Welt haben willst: Die privaten Welten sind wohl das stärkste Argument.
  • Wenn das Crafting eine große Rolle für dich spielt: Unbegrenzter Platz in der Scrapbox ist super, um Materialien zu lagern.
  • Wenn du regelmäßig im Atomic Shop einkaufst: Die 1.650 Atome pro Monat helfen, kosmetische Items oder andere nützliche Dinge zu finanzieren.
Fallout 76

Zusammenfassung

Präsentation (Grafik)
80%
Gameplay
80%
Inhalt
80%
Preis / Leistung
75%

Fazit

Fallout 76 ist ein Spiel voller Gegensätze: Es begeistert mit einer großen, liebevoll gestalteten Welt, einem motivierenden Crafting- und CAMP-System sowie atmosphärischem Fallout-Feeling - und frustriert gleichzeitig mit technischen Schwächen, sperrigem UI und Designentscheidungen, die Solospieler unnötig ausbremsen. Wer Appalachia jedoch mit Freunden erkundet, entdeckt ein überraschend tiefes Online-Rollenspiel, das sich über die Jahre stetig verbessert hat und heute deutlich näher an dem ist, was es zum Release hätte sein sollen. Fallout 76 ist kein perfekter Neuanfang für die Serie - aber ein RPG, das sich weiterentwickelt, Herz hat und gerade in Gemeinschaft jede Menge Wasteland-Magie versprüht.
78.75%
PC - Steam
Zum Angebot *
Pro
+
Die Spielwelt wirkt lebendig, groß und liebevoll gestaltet
+
Koop und gemeinsames Erkunden können extrem Spaß machen
+
Das Crafting-, CAMP- und Perk-System hat Tiefe und bietet langfristige Motivation
+
Grafik und Atmosphäre scheinen - trotz Technikbasis - in vielen Momenten wirklich gelungen
+
Das Endgame klingt nach coolen MMO-Momenten
+
Story und Quests wurden über die Jahre stark verbessert, inkl. NPC-Einführung
+
Typisch schwarzer Fallout-Humor und charmantes Retro-Design
Contra
-
Technische Probleme - Ladezeiten, Disconnects, Animation-Desync
-
Ein UI, das nicht für Multiplayer konzipiert wurde
-
Die Ökonomie wirkt übermäßig restriktiv und schlecht durchdacht
-
Viele Designentscheidungen bestrafen Solospieler unnötig
-
Ohne Freunde kann es zeitweise repetitiver und einsamer wirken
-
Vollständiger Einstieg kann erschlagend sein, viele Systeme, Währungen und Mechaniken
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