
Rennsport
Starkes Fahrgefühl, schwache Solo-Erfahrung
Die wichtigste Frage in einem Simracer lautet: Wie fährt es sich? Genau hier zeigt Rennsport seine größte Stärke. Das Fahrgefühl wirkt überzeugend, direkt und authentisch. Die Fahrzeuge haben ein spürbares Gewicht, Bodenwellen und Curbs übertragen sich kraftvoll und präzise ins Lenkrad, und selbst auf bumpy Streckenoberflächen entsteht ein sehr glaubwürdiges Feedback. Besonders mit einem hochwertigen Direct-Drive-Wheel zeigt Rennsport, dass die Entwickler einen sehr guten Sinn für die Physik und das Force Feedback haben.
Zwischen den Fahrzeugklassen lassen sich klare Unterschiede erkennen. Fronttriebler zeigen beim Herausbeschleunigen ihr typisches Untersteuern, während GT-Fahrzeuge ein kontrolliertes und sattes Fahrgefühl bieten. Fahrzeuge mit viel Abtrieb hingegen haften teilweise zu gut auf der Strecke, was dazu führt, dass sie selbst in engen Kurven mutiger gefahren werden können, ohne wirklich Gefahr zu laufen, die Haftung zu verlieren. Das nimmt etwas vom Reiz, den Grenzbereich wirklich ertasten zu müssen.
Auf Konsole oder mit Gamepad zu fahren ist möglich, benötigt jedoch eine gewisse Eingewöhnungszeit. Mit etwas Feintuning in den Controller-Einstellungen lässt sich bereits nach wenigen Runden solide fahren. Wer jedoch ein Lenkrad gewohnt ist, wird das Pad als Übergangslösung empfinden und ohne entsprechendes Training nicht an dieselbe Präzision herankommen.
Der Einzelspielermodus ist hingegen eine deutliche Schwachstelle. Die künstliche Intelligenz zeigt ein inkonstantes Verhalten, wird teilweise zur Stolperfalle und fährt ausgesprochen langsam, ohne dass man das über Schwierigkeitsregler oder Aggressionsparameter anpassen könnte. Die Karriere selbst wirkt rudimentär aufgebaut und vermittelt kaum das Gefühl, Fortschritte zu erzielen. Schon nach wenigen Rennen entsteht der Eindruck, eher eine Pflichtstation zu absolvieren, statt eine motivierende Rennkarriere vor sich zu haben.
Im Mehrspielermodus zeigt Rennsport ein wesentlich besseres Bild. Die Online-Rennen liefen während des Tests stabil, Lobbybeitritte funktionierten problemlos, und es kam weder zu Lags noch zu auffälligen Verbindungsproblemen. Gerade in spannenden Close-Battles blieb das Fahrverhalten der Gegner sauber und nachvollziehbar. Allerdings zeigt sich auch hier ein zweischneidiges Ergebnis, da die Fahrzeug- und Streckenauswahl im aktuellen Zustand noch überschaubar ist. Das Potenzial ist zu spüren, doch im Moment fühlt sich das Gesamtangebot eher wie ein solider Startpunkt an, der darauf angewiesen ist, in den kommenden Monaten spürbar erweitert zu werden. Die geplante Mod-Unterstützung könnte langfristig jedoch ein echter Gamechanger werden.
Moderne Technik mit Licht und Schatten
Optisch macht Rennsport auf den ersten Blick einen modernen und hochwertigen Eindruck. Die auf der Unreal Engine 5 basierende Grafik präsentiert scharfe Fahrzeugmodelle, stimmige Lichtstimmungen und atmosphärische Bildwelten. Besonders positiv ist, dass die Performance im Test stabil war - in vollen Fahrerfeldern kam es kaum zu Leistungseinbrüchen.
Dennoch kämpfen die Entwickler mit klassischen Schwächen der Engine. Feine Strukturen wie Fangzäune oder dünne Objekte wirken stellenweise unsauber, und hier und da kommt es zu sichtbarem Aufpoppen von Objekten, egal wie weit man die Sichtweite einstellt. Wiederholungen haben gelegentlich Probleme mit Geisterbildern bewegter Objekte. Besonders ärgerlich für Simracer ist zudem, dass weder VR noch Triple-Screen-Unterstützung zum Marktstart angeboten werden. Für viele Genre-Enthusiasten sind beide Optionen längst Standard und gehören zu einer ernsthaften Simulation einfach dazu.
Positiv fallen zwei fantasievolle Rennstrecken ins Auge, die zeigen, wozu das Grafikgerüst in der Lage ist. Eine Gebirgsregion mit weitem Blick über Täler und Seen sowie eine exotische Inselstrecke bieten eindrucksvolle Panoramen und vermitteln echtes Rennfeeling mit Postkartenpotenzial. Diese Kurse hinterlassen den Wunsch nach mehr dieser Art im Gesamtpaket.
Klanglich liefert Rennsport ein gemischtes Bild. Die Motorgeräusche sind zwar wiedererkennbar und je nach Modell durchaus passend, wirken aber in manchen Fällen leicht künstlich oder nicht vollständig ausgereift. Dafür überzeugen die Neben- und Umgebungsgeräusche umso mehr. Das Dröhnen der Fahrwerke, das Knallen beim Überfahren von Kerbs und das dumpfe Grollen über unebene Streckenabschnitte vermitteln ein glaubhaftes Gespür für Fahrbahn und Fahrzeug. Insgesamt macht der Sound keinen schlechten Eindruck, erreicht aber nicht das Niveau, das moderne Konkurrenzprodukte bereits bieten.







