
Routine
Angst durch Reduktion
Routine ist kein Horror-Spiel, das dich mit Jumpscares oder Daueraction bei der Stange hält. Stattdessen setzt es auf Isolation, Unsicherheit und das stetige Gefühl, fehl am Platz zu sein. Bewaffnet bist du nicht im klassischen Sinne. Dein wichtigstes Werkzeug ist das Cosmonaut Assistance Tool (C.A.T.), ein multifunktionales Gerät, das eher an alte Messinstrumente als an eine Waffe erinnert. Genau darin liegt seine Stärke: Jede Funktion, vom Scannen über Licht bis hin zu anderen technischen Spielereien, muss bewusst aktiviert werden. Nichts passiert automatisch, nichts fühlt sich „bequem“ an.
Diese bewusste Langsamkeit zieht sich durch das gesamte Gameplay. Gegner, meist in Form patrouillierender Roboter, sind weniger durch ihre Aggressivität furchteinflößend als durch ihre Präsenz. Das Klacken von Metallfüßen im Gang, das monotone Surren beim Scannen eines Raumes, all das sorgt für Anspannung, lange bevor es überhaupt zur Konfrontation kommt. Allerdings zeigt sich hier auch eine Schwäche: Die KI agiert nicht immer nachvollziehbar, was zu frustrierenden Wartephasen führen kann, in denen Spannung eher verpufft als sich zuspitzt.
Die Rätsel wiederum verlangen Aufmerksamkeit und Geduld. Routine erklärt wenig und erwartet viel. Wer gerne Hinweise kombiniert, Logs liest und Zusammenhänge selbst erschließt, wird sich hier wohlfühlen. Wer klare Marker und Questziele braucht, dürfte schnell an seine Grenzen stoßen.
Retro-Zukunft mit Staubschicht
Optisch ist Routine eine Liebeserklärung an die Zukunftsvisionen der 70er- und 80er-Jahre. Die Mondbasis wirkt wie ein eingefrorenes Relikt: klobige Terminals, analoge Anzeigen, sterile Gänge. Technisch ist das Spiel nicht auf Hochglanz poliert, aber genau das passt zur Atmosphäre. Die leicht kantigen Animationen und das reduzierte Licht verstärken das Gefühl von Verfall und Stillstand.
Besonders hervorzuheben ist das Sounddesign. Ohne gute Kopfhörer sollte man Routine eigentlich gar nicht starten. Jeder Ton hat Gewicht, jede Stille Bedeutung. Die Musik hält sich oft zurück, um dann mit unheilvollen Klängen genau im richtigen Moment zuzuschlagen, ganz im Geiste klassischer Sci-Fi-Horrorfilme.
Deutung statt Erklärung
Die Geschichte von Routine wird nicht erzählt, sie wird angedeutet. Über Audio-Logs, Tagebucheinträge und Umweltstorytelling setzt sich langsam ein Bild zusammen, das mehr Fragen aufwirft als beantwortet. Gerade das Finale schlägt eine Richtung ein, die eher zum Nachdenken als zum Abhaken einlädt. Wer klare Antworten sucht, wird sie nicht bekommen, wer Interpretationsspielraum schätzt, dürfte das Spiel noch lange nach dem Abspann im Kopf behalten.
Technisch zeigt Routine leider ein paar raue Kanten: lange Ladezeiten, ungünstig platzierte Checkpoints und kleinere Bugs können den Spielfluss stören. Nichts davon ist spielzerstörend, aber in einem so fragilen Spannungsgefüge fallen solche Brüche stärker ins Gewicht als in actionlastigeren Titeln.
Auch wenn Routine keine Serie im klassischen Sinne fortsetzt, drängen sich Vergleiche geradezu auf. Allen voran natürlich Alien: Isolation: das Gefühl der Ohnmacht, das langsame Vorantasten und die retrofuturistische Ästhetik sind klar verwandt. Routine ist jedoch weniger cineastisch, weniger „groß“, dafür persönlicher und sperriger. Es will nicht jedem gefallen, und genau das macht einen Teil seines Reizes aus.







