
Elden Ring: Nightreign
Was zuerst wie ein unheiliger Genremix klingt - Battle Royale trifft auf düstere Bosskämpfe und einen Hauch von Loot-Strategie - entfaltet sich in der Praxis als erstaunlich süchtig machendes Spielkonzept mit ungewohnter Dynamik. Aber kann Nightreign wirklich mit dem legendären Elden Ring mithalten - oder verliert sich der neue Kurs im Schatten seiner Vorgänger?
Expeditionen in den Tod
Anders als das Hauptspiel setzt Nightreign auf runs - sogenannte Expeditionen. Du startest im altbekannten Rundentisch (Roundtable Hold), wählst einen der acht spielbaren Nightfarer-Charaktere und ziehst los in das vom Unheil überzogene Limveld - eine Parallelversion des einstigen Limgrave. Dort suchst du dir einen der Night Lords aus, den du besiegen willst, und kämpfst dich durch zwei ingame-Tage mit immer stärkeren Gegnern und stetig schrumpfender Karte. Ja, richtig gelesen: Die „Night's Tide" zieht sich wie eine Battle-Royale-Zone über das Spielfeld und zwingt dich zur Bewegung.
Die Kombination aus Erkundung, Zeitdruck und Bosskämpfen erzeugt eine Spannung, die süchtig macht. Wenn du mit deinem Team einen mächtigen Zwischenboss bezwingst, dir endlich ein legendäres Relikt schnappst und in letzter Sekunde in die Arena des Night Lords hechtest, fühlst du diesen ganz typischen FromSoftware-Adrenalinschub.
Allerdings: Wer solo spielen will, wird schnell an Grenzen stoßen. Die Kämpfe sind klar auf Koop ausgelegt - entweder per Matchmaking oder mit Freunden. Ohne Sprachchat und mit zufälligen Mitspielern kann's daher schnell frustrierend werden, vor allem bei Bossmechaniken, die Koordination verlangen.
Nightfarers & Progression: Klassen mit Tiefe
Die acht spielbaren Nightfarer, also die Klassen im Spiel, bieten erfreulich viel Varianz. Von Wylder, dem Allrounder mit Enterhaken und „Zweiter-Chance“-Mechanik, bis zur Hexe Recluse, die Essenzen absorbiert und Elementarzauber mixt – jede Figur spielt sich komplett anders. Dazu kommen passive Fähigkeiten, individuelle Ultimates und Relikt-Slots, die dein Loadout weiter individualisieren.
Die Progression erfolgt schleichend über mehrere Runs hinweg: Du lernst die besten Routen, wann welcher Boss zu legen ist, und wie du mit besonderen Weltzuständen wie dem „Shifting Earth“ umgehst – etwa wenn sich ein gigantischer Lavakrater öffnet und neue Pfade (sowie Risiken) bietet.
Grafik & Technik: Bekannt, aber effektiv
Rein optisch ist Nightreign stark an Elden Ring angelehnt – viele Assets werden wiederverwendet. Das merkt man, vor allem in den Standardgebieten. Doch die neuen Bossarenen, die Wettereffekte des Night’s Tide und die düstere Farbpalette erzeugen trotzdem eine dichte Atmosphäre.
Technisch läuft’s auf der Xbox Series X ordentlich – flüssige Framerate, kaum Ladezeiten. Der Verzicht auf Crossplay und Sprachchat ist allerdings unverständlich, gerade bei einem auf Koop ausgelegten Spiel. Immerhin: Die Netzwerkverbindung war in über 30 Stunden stabil.
Vergleich mit Elden Ring: Weniger Tiefe, mehr Dynamik
Nightreign ist kein Elden Ring 2. Es will es auch gar nicht sein. Statt einem weitläufigen Open-World-Abenteuer mit tief verschachtelter Lore gibt es hier eher kurze, intensive Erlebnisse, die sich mit jedem Run neu formen. Die Geschichte tritt in den Hintergrund – wer nach kryptischer FromSoft-Lore sucht, wird sie in Remembrance-Quests und optionalen Dialogen finden, aber sie ist klar optional.
Was das Spiel allerdings mit Elden Ring teilt, ist das präzise Kampfsystem, das gnadenlose Gegnerdesign und die befriedigende Lernkurve. In dieser Hinsicht bleibt FromSoftware seiner DNA treu – und das ist auch gut so.
