
Neverwinter Nights 2 Enhanced Edition
DnD durch und durch, mit all seinen Höhen und Tiefen
Wer sich in Neverwinter Nights 2 stürzt, bekommt ein Rollenspiel, das sich nicht anbiedert. Kein modernes Questmarker-Gewitter, keine seichten Dialoge – hier wird noch gewürfelt, geflucht und gerestet, bevor es in den nächsten Dungeon geht. Das Herzstück ist und bleibt das klassische Dungeons-&-Dragons-3.5-Regelwerk, das Fans von Baldur’s Gate oder Icewind Dale ein wohliges Gefühl von Zuhause beschert.
Die Partysteuerung funktioniert halbwegs gut, wenn auch nicht ganz so geschmeidig wie etwa in Pillars of Eternity oder Divinity: Original Sin II. Das Kampfsystem ist taktisch und komplex, aber stellenweise unübersichtlich – gerade bei größeren Kämpfen verwandelt sich der Bildschirm schnell in ein Effekt-Feuerwerk aus Zaubern, Attacken und Statusanzeigen. Komfortfunktionen wie Auto-Pausenregeln oder ein solides KI-Verhalten helfen, aber es bleibt oft das Gefühl, mehr mit Mikromanagement als mit Strategie zu tun zu haben.
Was NWN2 aber herausragend macht, ist der Rollenspielaspekt: Man bastelt sich Charaktere bis ins kleinste Detail, führt tiefgehende Dialoge, beeinflusst durch Entscheidungen den Verlauf der Geschichte und erlebt eine epische, wenn auch nicht ganz perfekt erzählte Kampagne.
Enhanced ja, aber nicht unbedingt hübsch
Die Enhanced Edition liefert vor allem eines: Kompatibilität mit modernen Auflösungen, bessere Stabilität und Quality-of-Life-Features. Die Texturen und Charaktermodelle bleiben jedoch weitgehend unangetastet. Während Neverwinter Nights 1: Enhanced Edition aufgrund seines Alters eher charmanten Retro-Flair versprüht, wirkt NWN2 grafisch einfach nur alt – kein Stil, sondern Staub.
Man kann zwar die Kamera drehen, zoomen und frei navigieren, aber die Übersicht leidet dabei oft. Licht- und Schatteneffekte wurden minimal verbessert, reichen aber bei weitem nicht an andere Enhanced Editions wie Baldur’s Gate II oder Planescape: Torment heran. Wer allerdings seinen Fokus auf das Spielerlebnis und nicht auf grafische Opulenz legt, wird darüber hinwegsehen können – immerhin: Es läuft stabil und flüssig.
Toolset, Modding und Add-ons
Ein echtes Highlight ist das mitgelieferte Toolset, das kreative Köpfe nutzen können, um eigene Abenteuer zu erschaffen – von kleinen Quests bis zu riesigen Kampagnen. Die Modding-Community hat über die Jahre eine Vielzahl an Inhalten geliefert, die das Spiel auch heute noch bereichern. Schön, dass Beamdog das alles erhält und zugänglich macht.
Zudem sind alle drei Erweiterungen enthalten: Mask of the Betrayer, Storm of Zehir und Mysteries of Westgate. Besonders Mask of the Betrayer wird von vielen Fans als eines der besten DnD-Erweiterungen überhaupt gefeiert – düster, emotional und mit einem cleveren Seelensystem versehen. Allein dieses Add-on rechtfertigt fast schon den Kaufpreis der Enhanced Edition.
