Anno 117: Pax Romana
Review

Anno 117: Pax Romana

Pubisher: Ubisoft • Developer: Ubisoft Blue Byte, Ubisoft Mainz • Release: 13.11.2025
* Das Spiel wurde uns für das Review vom Publisher zur Verfügung gestellt
Rom wurde nicht an einem Tag erbaut - ein Satz, den jeder Anno-Veteran wohl nachempfinden kann. Und selten war er so treffend wie in Anno 117: Pax Romana. Nach dem Ausflug in ferne Zukunftsvisionen und tropische Inselwelten kehrt die Serie nun in die Antike zurück - genauer gesagt ins Römische Reich, an die Schwelle seiner größten Ausdehnung. Die Erwartungen? Gigantisch. Das Ergebnis? Ein Paradebeispiel dafür, wie man eine traditionsreiche Reihe modernisiert, ohne ihre Wurzeln zu verraten. Also, Toga anziehen und losbauen!

Brot, Spiele und perfektes Ressourcenmanagement

In Anno 117 schlüpft man in die Rolle eines römischen Statthalters, der das Schicksal seiner Provinz formt. Wie es sich für ein Anno gehört, beginnt auch Pax Romana ganz klassisch: Man landet auf einer Insel mit (un-)begrenzten Vorräten, schlägt sein erstes Lagerhaus auf und beginnt, den Grundstein für eine funktionierende Wirtschaft zu legen. Holz, Lehm, Fisch - die üblichen Verdächtigen stehen am Anfang des Aufbaus. Doch schon bald schweift der Blick über das Meer: Die Nachbarinsel lockt mit weiteren Ressourcen, und man weiß - das Imperium wächst nur, wenn man expandierst.

Dieses ständige Streben nach Wachstum ist die treibende Kraft hinter Anno 117. Wie in den Vorgängern steht der Spieler irgendwann vor der Frage: Handel oder Krieg? Denn die Mitregenten - andere römische Gouverneure oder keltische Stammesführer - haben denselben Plan. Diplomatie spielt eine größere Rolle als je zuvor, und wer sich zu sehr auf militärische Macht verlässt, wird schnell feststellen, dass auch ein überdehntes Reich wackelige Fundamente hat.

Das Spiel ist in zwei Modi aufgeteilt: Die Kampagne dient als erzählerisch ansprechendes, aber letztlich funktionales Tutorial. Sie führt durch die Grundmechaniken und lässt den Spieler erste Entscheidungen treffen - doch die wahre Stärke entfaltet Anno 117 im Sandbox-Modus. Hier beginnt die Magie: Keine Grenzen, keine Vorgaben - nur der Spieler, seine Bürger und der Wille, das größte Reich der bekannten Welt zu errichten.

Der Einstieg wirkt zunächst fordernd. Produktionsketten, Warenströme und Verwaltungswerte sind vielschichtig - doch sobald man den Dreh raus hat, entfaltet sich der typische „Anno-Flow". Alles greift ineinander, und die Menüs sind so übersichtlich, dass selbst Neueinsteiger nach kurzer Eingewöhnung den Überblick behalten. Besonders angenehm: Werkzeuge wie das Umplatzieren von Gebäuden, das Kopieren kompletter Stadtviertel und gemeinsame Lagerbestände sparen enorm Zeit und machen Experimente mit Stadtlayouts angenehm einfach.

Politik, Glaube und Krieg - mehr als nur Aufbau

Während Diplomatie und Religion eher sanft im Hintergrund arbeiten, kommt das Militär deutlicher zur Geltung. Wer in Albion siedelt, merkt schnell, dass die Kelten nicht immer friedlich zusehen. Von kleineren Gefechten bis hin zu massiven Belagerungen - Anno 117 bietet abwechslungsreiche Möglichkeiten, Konflikte auszutragen.

Die Steuerung der Truppen bleibt dabei angenehm unkompliziert: Einheiten auswählen, Manöver befehlen, Gelände nutzen - fertig. Besonders reizvoll ist der Wechsel zwischen Wirtschaft und Taktik: Während in der Stadt neue Legionäre ausgehoben werden, rüsten draußen Schiffe zur Seeschlacht auf.

Zwar fehlt den Armeen etwas Tiefgang - Formationen und Moralspielereien sucht man vergeblich -, doch der Mix aus Ressourcenmanagement und Eroberung funktioniert erstaunlich flüssig und verleiht dem Spiel mehr Dynamik, als man es von einem klassischen Aufbau-Anno erwarten würde.

Features & Komfort - was den Unterschied ausmacht

Neben der gewohnt tiefen Wirtschaft glänzt Pax Romana mit einer Fülle an Komfortfunktionen, die Serienveteranen wie Neulinge gleichermaßen begeistern dürften.

Freies Gebäudeverschieben & Kopierfunktion

Wer kennt es nicht? Man baut eine Produktionskette, merkt dann, dass der Marktplatz besser ein paar Meter weiter stehen sollte und muss alles abreißen. Diese Zeiten sind vorbei. In Anno 117 lassen sich Gebäude frei verschieben, ganze Stadtteile kopieren und als Vorlagen speichern. Ein Feature, das gerade bei komplexen Industrieinseln Gold wert ist. Ein Beispiel: Hast du einmal ein perfekt funktionierendes Produktionsviertel für Olivenöl geschaffen, kannst du es künftig einfach auf neuen Inseln duplizieren.

Geteilte Lagerbestände & optimierte Logistik

Eines der unsichtbaren, aber brillantesten Features ist das geteilte Lagerbestands-System. Produktionsketten teilen sich nun Ressourcen automatisch über Lagerhäuser hinweg, solange Straßen und Häfen verbunden sind. Kein nerviges Mikromanagement mehr, um sicherzustellen, dass der Töpfer genug Lehm hat - das Reich funktioniert wie ein gut geöltes Zahnrad.

Straßenbau deluxe

Und über diese Zahnräder fließt der Verkehr. Der Straßenbau in Anno 117 ist eine Offenbarung. Diagonale Wege, sanfte Kurven, nahtloses Pflastern - alles läuft intuitiv. Wer schon mal in einem City-Builder geflucht hat, weil ein Haus nicht ganz passte, wird hier innerlich applaudieren. Im späteren Verlauf lassen sich die Straßen sogar aufrüsten - von schlichten Erdwegen bis hin zu prachtvollen römischen Pflasterstraßen, die nicht nur schöner aussehen, sondern auch den Warenverkehr beschleunigen.

Bildergalerie

Das Proximity-System

Eine der cleversten neuen Mechaniken ist das sogenannte Proximity-System. Gebäude beeinflussen sich gegenseitig, teils positiv, teils negativ. Ein Badehaus steigert die Gesundheit der Bürger in der Umgebung - eine Ziegelbrennerei dagegen erhöht das Brandrisiko. Diese Balance zwischen Effizienz und Sicherheit sorgt für faszinierende Mikroentscheidungen. Beispiel gefällig? Stelle eine Kohlerei zu nah an deine Wohnviertel, und du wirst erleben, wie schnell Zufriedenheit zu einem Problem werden kann - der Duft des Erfolgs ist eben nicht immer angenehm.

Religion, Götter & Kultur

Eine der größten Neuerungen: Glauben ist jetzt eine Ressource. Du entscheidest, welchem Gott deine Stadt huldigt - und jeder gewährt einzigartige Boni. Ein Mars-Kult stärkt etwa deine militärische Macht, während Minerva wissenschaftlichen Fortschritt fördert. Zudem beeinflusst die kulturelle Richtung dein Reich maßgeblich: Bleibst du strikt römisch, setzt du auf Effizienz und Disziplin. Vermischst du dich mit den Kelten, erhältst du besondere Bauweisen und Boni auf Zufriedenheit. Diese Systeme verleihen dem Aufbau eine Tiefe, die weit über das klassische Anno-Prinzip hinausgeht.

Handel & Diplomatie - Zwischen Denar und Dekret

Das Wirtschaftssystem ist komplex, aber logisch aufgebaut. Handelsrouten lassen sich präzise konfigurieren, inklusive Minimal- und Maximalbeständen. So kannst du etwa festlegen, dass dein Außenposten nie unter 50 Tonnen Weizen fallen darf, während Überschüsse automatisch verkauft werden.

Deine Handelspartner besitzen eigene Persönlichkeiten und agieren glaubwürdig. Einige sind freundlich, andere hinterhältig. Dein Verhalten, deine Allianzen und sogar deine religiösen Entscheidungen beeinflussen ihre Meinung über dich. Dieses diplomatische Netz sorgt für subtile, aber stetige Spannung.

Römer gegen Kelten – Zwei Welten, zwei Philosophien

Ein besonders reizvoller Aspekt von Anno 117: Pax Romana liegt in der klaren Trennung der beiden Kulturen. Jede Seite bringt eigene Gebäude, Produktionsketten und soziale Dynamiken mit. Während die Römer auf Ordnung, Handel und Luxusgüter setzen, bevorzugen die Kelten naturverbundene Strukturen und spirituelle Elemente. In meiner Albion-Kampagne hatte ich ständig das Gefühl, auf einem Drahtseil zu balancieren: Einerseits wollte ich die römische Effizienz nutzen, andererseits musste ich Rücksicht auf die einheimische Kultur nehmen, um Aufstände zu vermeiden. Diese Dualität macht Anno 117 nicht nur atmosphärisch, sondern auch spielerisch besonders reizvoll.

In Albion, der keltischen Region, entstehen ganze Produktionsketten im Nebel der Moore. Viele dieser Betriebe – etwa die Aalzüchter oder Flechtwerke – sind unmittelbar von den sumpfigen Böden abhängig und können nur dort errichtet werden. Das sorgt nicht nur für Abwechslung im Stadtbild, sondern verlangt vom Spieler auch strategische Planung.

Diese geografische Trennung verleiht dem Spiel eine zusätzliche taktische Ebene. Der Spieler steht ständig vor der Entscheidung, ob er lieber auf römische Industriekraft oder keltische Naturwirtschaft setzt – oder den schwierigen, aber lohnenden Weg einer kulturellen Symbiose wählt.

Bugs, Quests & Wiederspielwert

Nicht alles im Reich läuft perfekt. Einige Queststränge - vor allem in der Kampagne - sind fehleranfällig. Begleitmissionen etwa verweigern manchmal ihren Abschluss, und kleinere grafische Hiccups trüben das ansonsten polierte Bild. Doch: Es handelt sich dabei um keine systemischen Probleme, sondern eher um die typischen Kinderkrankheiten eines neuen Anno.

Was bleibt, ist ein enorm hoher Wiederspielwert. Viele Mechaniken - von der Götterwahl bis zur kulturellen Entwicklung - laden zum Experimentieren ein. Keine zwei Reiche werden gleich aussehen, und wer einmal das perfekte Gleichgewicht zwischen Wohlstand und Zufriedenheit erreicht hat, wird es garantiert noch einmal versuchen wollen.

Rom zum Greifen nah

Grafisch ist Pax Romana eine Augenweide. Von den üppig animierten Foren über geschäftige Marktplätze bis zu den friedlichen Provinzdörfern - jedes Detail atmet Leben. Besonders beeindruckend ist der Detailgrad beim Hineinzoomen: Man sieht Legionäre marschieren, Händler feilschen, Kinder spielen. Dazu kommt ein stimmungsvolles Sounddesign: lateinisch angehauchte Chöre, römische Fanfaren und leises Markttreiben erzeugen eine Atmosphäre, die dich vergessen lässt, dass du „nur" ein Spiel spielst.

Besonders die römische Region Latium sticht hervor: weiße Marmorsäulen, Villen mit Mosaikböden, leuchtende Gärten - ein optisches Postkartenmotiv. Die keltische Provinz Albion dagegen ist rauer, wilder, naturverbundener - mit strohgedeckten Hütten, Nebel über den Feldern und einem ganz eigenen Charme.

Und ja - es gibt vertonte Charaktere. Sogar richtig gute. Die Synchronisation ist professionell, die Dialoge glaubhaft.

Kleine Einschränkungen gibt es trotzdem: Das strikte Bauraster, gerade bei keltischen Siedlungen, wirkt manchmal zu starr. Und das Interface hätte ruhig etwas mehr römischen Flair vertragen können - die schlichten Menüs wirken eher funktional als imperial. In sehr großen Städten mit vielen Details merkt man gelegentlich Performanceeinbrüche und etwas längere Ladezeiten. Das Spiel zeigt sich dennoch technisch solide und überzeugt mit stimmungsvollem Soundtrack, der perfekt zwischen majestätisch und melancholisch pendelt.

Anno 117: Pax Romana

Zusammenfassung

Präsentation (Grafik)
95%
Gameplay
90%
Inhalt
90%
Preis / Leistung
95%

Fazit

Anno 117: Pax Romana ist kein radikaler Neuanfang und genau das ist seine größte Stärke. Es verfeinert die DNA der Serie, bringt Komfortfunktionen, intelligente Mechaniken und ein glaubwürdiges Antik-Setting zusammen. Trotz kleiner technischer Schwächen und einer eher belanglosen Kampagne gelingt es Ubisoft Mainz, das alte Rom digital wiederauferstehen zu lassen - als funktionierendes, atmendes, faszinierendes Imperium. Rom wurde vielleicht nicht an einem Tag erbaut. Aber Anno 117 ist der beste Beweis dafür, dass Perfektion Zeit braucht.
Pro
+
Authentisches römisches Setting: Das antike Rom wurde mit enormem Detailreichtum umgesetzt
+
Tiefes Wirtschaftssystem: Klassisches Anno-Gameplay mit verzahnten Produktionsketten
+
Neue Komfortfunktionen: weniger Mikromanagement, mehr Spielfluss
+
Proximity-System sorgt für Spannung: Gebäude beeinflussen sich positiv wie negativ
+
Götter & Religion als Ressource: Glaubenssystem bringt frischen Wind ins Gameplay
+
Brillanter Straßenbau: Diagonale Wege, einfache Handhabung und spürbare Auswirkungen
+
Starke Sandbox-Erfahrung: Der freie Modus bietet unzählige Stunden Spielzeit
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Wunderschöne Grafik & Soundkulisse: Detaillierte Städte, lebendige Animationen und epischer Soundtrack
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Hoher Wiederspielwert: Kulturen und Diplomatiesysteme sorgen für Abwechslung und Langzeitmotivation
Contra
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Kampagne bleibt blass: Dient mehr als Tutorial
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Einige Bugs und Questfehler: Besonders Escort-Missionen
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Steile Lernkurve für Einsteiger: Trotz Tutorials können komplexe Mechaniken anfangs überfordern
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Kleinere technische Unsauberkeiten: Terrain-Fehler oder flackernde Gebäudemodelle trüben das Gesamtbild minimal
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Langsamer Start: Der Aufbau braucht Zeit, bis das Spiel richtig Fahrt aufnimmt
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