
Silent Hill f
Zwischen Beklemmung und Präzision
Im Zentrum der Geschichte steht Hinako, eine Schülerin, die sich nach einem traumatischen Erlebnis in der verlassen wirkenden Stadt Ebisugaoko wiederfindet. Wer Silent Hill kennt, weiß: Hinter der Fassade brodelt es. Wie gewohnt wechseln wir zwischen „normaler" Welt und einer grotesken Parallelwelt - hier dem Dark Shrine, der nicht nur optisch bedrückend wirkt, sondern spielerisch mehr Action bietet.
Der große Unterschied zu früheren Teilen: Der Fokus liegt auf Nahkampf. Statt Pistolen und Gewehren regiert hier eine Mischung aus improvisierten Waffen und ausdauerbasiertem Kampfsystem. Präzises Ausweichen und Kontern sind entscheidend - fast schon mit Soulslike-Anleihen. Was zunächst ungewohnt wirkt, entpuppt sich als cleveres Mittel, um die Spannung hochzuhalten. Denn wer zu hektisch agiert, wird schnell bestraft.
Puzzles, ein Markenzeichen der Reihe, fehlen natürlich nicht. Sie sind fordernd, aber fair und greifen subtil Themen der Story auf. Ein gelungenes Detail: Auf Wunsch lassen sich die Rätsel in verschiedenen Schwierigkeitsstufen anpassen, was sowohl Neulingen als auch Veteranen entgegenkommt.
Schönheit im Verfall
Optisch zeigt sich Silent Hill f von einer ungewohnt farbenprächtigen Seite. Überall wuchern rote, blumenartige Strukturen, die gleichzeitig faszinieren und abstoßen. Dieses Bild aus Verfall und Schönheit zieht sich durch das gesamte Design - eine kluge Weiterentwicklung der ikonischen Nebelästhetik.
Zwar erreicht es nicht ganz die audiovisuelle Wucht des Silent Hill 2 Remakes, doch die Atmosphäre ist dicht, beklemmend und einzigartig. Monster-Designs wirken frisch, ohne ihre grotesken Wurzeln zu verleugnen. Besonders gelungen: Die Bosse, die sowohl spielerisch als auch inszenatorisch Akzente setzen.
Ein wichtiger Faktor für die visuelle Wucht von Silent Hill f ist die Wahl der Unreal Engine 5. Dank moderner Features wie Lumen-Beleuchtung und detailreicher Umgebungen wirkt die Welt noch bedrückender und lebendiger, ohne an Performance einzubüßen. Besonders die Kombination aus dichtem Nebel, den organisch wuchernden Blüten und den feinen Texturdetails sorgt für ein Bild, das gleichermaßen schön wie abstoßend wirkt. Zwar erreicht das Spiel nicht ganz die fotorealistischen Spitzenwerte manch anderer Unreal-5-Titel, doch die starke Art Direction gleicht das locker aus und verleiht Silent Hill f einen ganz eigenen, unverwechselbaren Look. Technisch läuft das Spiel stabil und flüssig, was man bei einem solch atmosphärischen Titel kaum hoch genug schätzen kann.
Atmosphäre bis ins Detail
Ein besonderes Highlight ist der Soundtrack von Akira Yamaoka, der hier japanische Instrumente mit vertrauten düsteren Klängen verbindet. Die Musik sorgt für ein Wechselbad aus Beklemmung und Gänsehaut, ohne sich jemals in den Vordergrund zu drängen.
Interessant ist auch das Perk- und Amuletsystem, das Spieler vor Entscheidungen stellt: Nimmt man heilende Gegenstände oder opfert man sie für langfristige Verbesserungen? Dieser kleine Twist verleiht dem Spiel zusätzliche Tiefe.
Mit rund 15 Stunden Spielzeit für den ersten Durchgang und einem New Game+, das neue Story-Inhalte und Bosse freischaltet, bietet Silent Hill f auch für Wiederholungen genügend Anreize - ganz im Sinne der besten Serientradition.
Während das Remake von Silent Hill 2 vor allem die bekannte Formel modernisierte, wagt Silent Hill f den Sprung ins Unbekannte. Der Fokus auf japanische Folklore und psychologischen Horror erinnert mehr an Spiele wie Fatal Frame oder Siren, bleibt aber unverkennbar Silent Hill. Fans, die nur eine klassische „Nebelstadt-Kopie" erwarten, könnten überrascht sein - doch gerade dieser mutige Schritt macht den Reiz aus.
