Resident Evil 4 Remake VR-Mode
Beim Thema VR steht die Immersion noch vor anderen Kriterien im Vordergrund. Wie stark gelingt es dem Entwickler, den Spieler in die Welt hineinzuversetzen? Auch bei Resident Evil 4 Remake muss man sich die Frage nach der immersiven Erfahrung stellen. Kaum sitzt oder steht man in der düsteren europäischen Landschaft, zieht einen die Atmosphäre direkt in den Bann. Das Gefühl, tatsächlich in Leons Haut zu stecken, ist intensiver denn je. Die grafische Überarbeitung des Spiels und die Umsetzung auf der PSVR2 sorgen für eine unglaubliche Detailtiefe, die im Vergleich zur Quest-Version noch einmal deutlich beeindruckender aussieht. Dunkle Umgebungen, in denen man mit Leons Taschenlampe, die nun an den Kopf gekoppelt ist, den Weg erhellt, erzeugen eine beklemmende Stimmung, die für das Spiel unverzichtbar ist. Durch das Portieren von Resident Evil 4 in die Neuzeit hat sich natürlich auch der Detailgrad im Spiel erheblich verbessert, und davon profitiert der VR-Port für die PSVR2. So versetzt einen die PSVR2-Version ins Staunen, wenn wir neue Lokalitäten betreten oder Details entdecken, die in der normalen Version nicht so deutlich sichtbar waren. Sei es ein Rind, das in einem Stall liegt und bereits von Maden befallen ist, oder Banner, die von der Decke hängen. Selbst die Dorfbewohner bescheren einem Gänsehaut, wenn sie plötzlich hinter einem auftauchen und ihr "No dejéis que se escape" (Lasst ihn nicht entkommen) oder rufen. Nicht nur das Voiceover sorgt hier für einen Schreckmoment, sondern auch das detaillierte Aussehen der einzelnen Ganado-Modelle. Und der Spaß beginnt direkt mit dem berüchtigten Kettensägen-Freund!
Die Steuerung fühlt sich präzise an. Waffenwechsel und Nachladen funktionieren reibungslos – besonders das manuelle Nachladen, das für zusätzliche Spannung sorgt, wenn man plötzlich in einer brenzligen Situation keine Munition mehr hat. Auch der Detailgrad der Nachlade-Animationen ist hervorragend umgesetzt. Bei der Pistole zum Beispiel müssen wir zuerst das alte Magazin auswerfen, dann ein neues hervorholen, es in den Magazinschacht schieben und anschließend den Schlitten nach hinten ziehen. Ähnlich verhält es sich bei den Schrotflinten. Bei der Skullbreaker muss man den Controller mit einer ruckartigen Kippbewegung nach vorne bewegen, um den Nachladeschacht zu öffnen, und nach dem Einsetzen der Patronen erneut ruckartig nach hinten bewegen – das sorgt für einen zusätzlichen Grad an Immersion. Besonders unterhaltsam sind die Kämpfe mit dem Messer – es fühlt sich beinahe filmreif an, wenn man auf die Gegner einsticht. Das Spiel bietet in Kombination von Kampf und Immersion die Möglichkeit, beide Hände an die Waffe zu nehmen, um die Stabilität zu erhöhen. Außerdem ist es möglich, das Messer in die linke Hand zu nehmen und ein Cross-armed Dual Wielding zu initiieren. Wenn die Gegner zu nah kommen, kann man ihnen so einen schnellen Stich mit dem Messer verpassen – grandios! Die PSVR2-Hardware ist zudem in der Lage, die Schussabgabe in Form von Vibrationen an den Spieler zurückzugeben. Das Headset vibriert gelegentlich, wenn wir von den Ganados getroffen werden – ob hier bestimmte Sinneswahrnehmungen durch den einkommenden Schaden stimuliert werden sollen, lässt sich nur vermuten.
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Allerdings gibt es auch Kritikpunkte an der PSVR2-Version: In einigen Zwischensequenzen wechselt die Perspektive zur Third-Person-Ansicht, was die Immersion leider unterbricht. Auch wenn dies in bestimmten Momenten nachvollziehbar ist, hätte man sich gewünscht, komplett in der VR-Welt bleiben zu können. Zudem bietet Capcom keine Möglichkeit, mit der gesamten Welt zu interagieren. Das bedeutet, dass herumliegende Gegenstände, Ganado-Körper (was in Deutschland wahrscheinlich ohnehin problematisch wäre) und andere Objekte nicht genutzt werden können. Wenn wir beispielsweise Titel wie Half-Life: Alyx betrachten, in dem man mit Stiften an einer Tafel schreiben kann, wird der Unterschied deutlich. Man muss sich jedoch auch bewusst sein, wie lange VR-Spiele in der Entwicklung sind, worauf der Fokus liegt und welche technischen Gegebenheiten bestehen. Ein PC mit einer RTX-Grafikkarte wird natürlich leistungsstärker sein als die PSVR2 mit der PS5. Diese "Ungereimtheiten" kann man jedoch aufgrund der hohen Qualität des VR-Ports von Resident Evil 4 Remake verzeihen.
Die VR-Version läuft auf der PSVR2 flüssig und bietet eine hervorragende Performance. Mit bis zu 60 FPS in der Performance-Einstellung bleiben auch hektische Kämpfe stets flüssig. Capcom hat ganze Arbeit geleistet, um sicherzustellen, dass keine technischen Mängel die Horror-Erfahrung stören. Zusätzlich gibt es Komfortoptionen, die es auch Spielern mit weniger VR-Erfahrung ermöglichen, das Spiel ohne Übelkeit oder Schwindel (Motion Sickness) zu genießen.
Durch die theoretische Möglichkeit von 360-Grad-Bewegungen können wir uns frei im Raum bewegen. Lediglich das Kabel der PSVR2 macht uns irgendwann einen Strich durch die Rechnung. Auch die PSVR2-Version des Resident Evil 4 Remake nutzt Augen-Tracking und Foveated Rendering. Das bedeutet, dass nur der Bereich im Sichtfeld des Spielers gestochen scharf gerendert wird, während der Außenbereich mit weniger Details auskommen muss. Im Umkehrschluss bedeutet das jedoch, dass diese Techniken die Qualität des Ports begünstigen und das Spiel dadurch fantastisch aussieht. Gerade mit Titeln wie Resident Evil 4 Remake VR und auch der VR-Version von Resident Evil 8 Village zeigt sich, wie hochwertig die Ports für VR-Brillen sein können. Es ist erstaunlich, wie es den Entwicklern gelingt, selbst wenn man das Spiel bereits kennt und mehrmals durchgespielt hat, eine weitere immersive und fast neuartige Erfahrung zu erschaffen. Ich würde mich übrigens freuen, wenn es ein PSVR2-Update für RE7: Biohazard geben würde, aber ich denke, wir sollten hier nicht zu optimistisch sein.
* Hinweis: Die Vollversion von Resident Evil 4 (2023) für PlayStation®5 wird zum Spielen dieses Inhalts benötigt. Der VR-Modus ist dann für alle Spieler kostenlos!